Schürger Madonna – eigentlich ein Fake, aber sie gewann in den letzten Monaten durch verschiedene Berichterstattungen doch einigermaßen an Berühmtheit. Und deswegen findet diese heilige Figur auch ihren Eintritt auf meine Seite. Und wirft Fragen auf….
Das Heiligtum der Seestädter
In der Koblenzer Altstadt im Gässchen „Unterm Stern“, Ecke Kornpfortstraße steht in einer Hausnische eine Heilige. Es handelt sich dabei um eine Holzfigur und leider nur um eine Nachbildung, also kein Original.
Das Original wurde der Überlieferung nach hier am Moselufer 1532 angeschwemmt. Entstanden ist sie wohl schon 1420. Aber wo sie vor dem Fund in Koblenz stand, wem sie Schutz bot oder welches Haus sie schmückte ist seltsamerweise bis heute unbekannt.
Man sollte doch meinen, dass man im Laufe der Zeit irgendwann einmal Zeichnungen oder ähnliches gefunden hätte, die moselaufwärts erkennen lassen, dass es sich um unsere Schürger Madonna handelt. Aber weit gefehlt.
Aber was wir wissen, ist, dass die Schürger Madonna 1532 aus der Mosel gefischt wurde und seit dem dort an Ort und Stelle stand und als das Heiligtum der Seestädter verehrt wurde. Übrigens: Der Name Schürger Madonna rührt daher, dass die Heilige von Schürgern geborgen wurde. So nannte man die Hafenarbeiter. Laut Überlieferung. Obwohl: Der Name Schürger stammt von dem Verb „schürgen“ und bedeutet schieben, stoßen, treiben. Und ein Schürger war ein Mensch, der schnell und trotzdem gut arbeitete. Warum jetzt die Hafenarbeiter in Koblenz der Überlieferung nach Schürger genannt wurden, wissen wir nicht…..
Hätte es demnach nicht die Schutzheilige der Hafenarbeiter werden sollen? Oder hatten die keine Madonnen? Fragen über Fragen….
Auch hier erschließt sich mir nicht, warum man eine Madonna, die offensichtlich „Schiffbruch“ erlitten hat, als Heiligtum der Seestädter erkoren hat. Aber gut…..
Der Fake findet seinen Anfang
Die Schürger Madonna ist ja in einer Hausnische untergebracht. Dieses Haus wurde 1961 veräußert und der vorherige Besitzer hat die Schürger Madonna wohl einfach mitgenommen. Aha…
Das ließen die Koblenzer Bürger nicht auf sich sitzen. Die Brunnengemeinschaft hatte die Idee, die Kirmesgesellschaft der Weißer Gasse und die Pfarrgemeinde Liebfrauen haben sich dafür eingesetzt und Geld zusammengelegt, um eine Nachbildung anfertigen zu lassen. Dies geschah1998, am 7. Dezember, um genau zu sein.
Warum jetzt gerade eine Brunnengemeinschaft, die sich bis dato um die Brunnen der Altstadt Koblenz gekümmert hat, die Kirmesgesellschaft, die für das Feiern der traditionellen Kirmes und eine Pfarrgemeinde, die für den Glauben zuständig sind, sich so für den Erhalt dieser Madonna eingesetzt haben, konnte nicht geklärt werden.
Wer kümmert sich und die Schürger Madonna?
Die ersten 16 Jahre wurde die Schürger Madonna von der Brunnengemeinschaft gepflegt. Da diese Gemeinschaft 2014 aufgelöst wurde, ging der Besitz der Schürger Madonna an die Liebfrauenkirche über. Dies geschah in einem feierlichen Gottesdienst. Der Vorsitzende der Brunnengemeinschaft, Manfred Gniffke, übergab dem damaligen Pfarrer Stephan Wolf symbolisch ein Bild der Heiligen. Denn unsere Schürger Madonna soll schön an Ort und Stelle bleiben.
Und dort wird sie fortan von der Pfarrgemeinde Liebfrauenkirche gehegt und gepflegt.
Unrechtmäßiger Ruhm?
Die Schürger Madonna ist in den letzten Monaten wieder ins Rampenlicht gekommen. Sei es durch verschiedene Artikel und Buchbeiträge oder durch Stadtführern, die auch schon mal ein Liedchen davor singen.
Doch letztendlich wissen wir sehr wenig über die Schürger Madonna. Wo sie ursprünglich herkam und damit ihre gesamte Geschichte. Der Name ist ebenso fraglich und warum sie als Heiligtum der Seestädter erkoren wurde.
Und inzwischen handelt es sich noch nicht einmal um das Original….. Sicher, die Historiker und Geschichtsfans höre ich schon aufschreien. Sie wurde von den Koblenzer Bürger über lange Zeit angebetet und hatte somit ihre Daseinsberechtigung. Und eine Nachbildung ist nicht weniger wert, nur weil es sich nicht um das Original handelt. Das beweisen die vielen wiederhergestellten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häuser in der Koblenzer Altstadt.
Trotzdem bleiben mir persönlich bei dieser Geschichte zu viele Fragezeichen. Das ist fast so, als erfinde sich jemand auf Social Media neu, mit einer komplett neuen Geschichte, wird immer bekannter und verehrt….. Und dann stellt sich alles als Bluff heraus….
Entschuldigung…. Aber man wird ja mal laut nachdenken dürfen. Ich bin trotzdem dankbar für eine weitere erzählenswerte Geschichte von unserer wunderschönen Stadt Koblenz! 😉
Meine Empfehlung
Wenn du schon mal hier bist, dann gehe unten am Moselufer Richtung Deutsches Eck und genieße dort die Aussicht auf die Festung Ehrenbreitstein, den Blick auf Mosel und Rhein gleichzeitig (wenn du an der Spitze stehst).
Außerdem kannst du dir dort das Denkmal des Deutschen Kaisers anschauen, der ja ebenfalls wiederhergestellt wurde. 😀 Im Anschluss kannst du dich im Biergarten am Deutschen Eck stärken. Wenn du gegen Abend dort verweilst, wirst du mit dem schönsten Sonnenuntergang in der Koblenzer Altstadt beschenkt!
Es ist schön, zu denken, dass so viele Menschen heilig sind in den Augen derer, die sie lieben.
Christian Morgenstern – deutscher Dichter und Schriftsteller
Aussicht auf den nächsten Artikel
Auf den freue ich mich ganz besonders! Mal wieder ein Interview. In diesem Fall ein tiefergehendes Gespräch. Eine Frau trifft auf einen Bruder, isst dabei unglaublich leckeren Kuchen und sitzt an einem verwunschenen Ort. Dieser ist seit kurzem wieder für alle geöffnet. Die wenigsten kennen ihn! Ab Montag, den 27. Mai um 7:00 Uhr hier zu lesen.
Frage
Kennst du die Geschichte der Koblenzer Schürger und was es mit der Namensgebung auf sich hat? Schreibe mir gerne hier unter dem Artikel (auf den rotten Button klicken). Ich freue mich, von dir zu lesen!
Deine Kristina Venus
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