Wartesälchen Koblenz

Wartesälchen Koblenz

Das Wartesälchen, welches heute leider nicht mehr so heißt, ist ein Gebäude im Stil der 1950´er. Leider beheimatet es aktuell einen Döner-Imbiss.

Viele erinnern sich an eine wunderschönes Café/Restaurant, welches nur kurze Zeit dort war. Längste Zeit war es eine Straßenbahn-Wartehalle.

Da es sich hierbei um ein Kulturdenkmal handelt und immer noch teilweise (wenn man mal die aufdringliche Döner-Werbung wegdenkt) seinen 1950-er-Charme ausstrahlt, ist es immer einen Blick wert in Gedenken an die Straßenbahn-Ära hier in Koblenz.

Heute gibt es nur ein Foto, da die neue Gastronomie leider nur wenig Schönes hergibt…

Wie alles begann

1950 wurde die Straßenbahn-Wartehalle von dem Architekten Otto Schönhagen entworfen. Sie wurde auf einer Verkehrsinsel auf dem Friedrich-Ebert-Ring, Ecke Löhrstraße erstellt. Otto Schönhagen wurde in Krefeld geboren, war einige Zeit in Dresden tätig, bevor er sich hier in Koblenz 1921 als Architekt niederließ.

Er entwarf viele evangelische Kirchenbauten und war ein Mitglied des Koblenzer Stadtrates.

Vorbild für die Koblenzer Straßenbahn-Wartehalle waren in erster Linie die Wartehallen in Köln und Düsseldorf. Sie beinhaltete einen Kiosk und die Menschen konnten sowohl überdacht und somit geschützt oder auch draußen auf Bänken auf ihre Straßenbahn warten.

Eine schöne Anekdote

Der Inhaber des Kiosks war Herr Patrosio und Frau Roswitha Hardt leitete den Kultkiosk über fünfzig Jahre. Hier wurden Zigaretten, Tabak und Zeitschriften verkauft.

Frau Hardt war für ihre Herzlichkeit und ihren Kundenservice bekannt. Oft brachte sie die gewünschten Zeitungen zu ihren Kunden. Oder den heißbegehrten Lottoschein. Ein außergewöhnlicher Service, den sich heute niemand mehr vorstellen kann.

Früher stand vor dem Wartesälchen ein Polizist auf der Kreuzung Friedrich-Ebert-Ring und Löhrstraße, um den Verkehr zu regeln.

Die Straßenbahn in Koblenz

Die Straßenbahn fuhr in Koblenz in der Zeit von 1887 bis 1967. Die Fahrzeuge waren alle elfenbeinfarben und hatten einen grünen Streifen. Auf den Fahrzeugen, manchmal auch auf den Fenstern befand sich Werbung.

Betreiber der Straßenbahn war die Koblenzer Elektrizitäts- und Verkehrs-AG, kurz KEVAG. Die älteren Leser erinnern sich noch an die KEVAG, da früher auch die Busse unter der Leitung fuhren. Heute heißt es koveb, Koblenzer Verkehrsbetriebe.

Begonnen wurde 1887 mit Pferdebahnen. Die elektrische Straßenbahn startete 1896. Nach dem zweiten Weltkrieg fehlte es an Material, so dass das Straßenbahnnetz verkleinert werden musste.

Bei den Bombenangriffen 1944 wurde der gesamte linksrheinische Schienenverkehr lahmgelegt. Durch die Sprengungen der Rhein- und Moselbrücke wurde das Netz auch noch zweigeteilt.

Im Juli 1945 wurde der erste Schienenverkehr schon wieder aufgenommen. Der rechtsrheinische Netzbetrieb wurde bis 1950 auf Oberleitungsomnibusse (Obusse) umgestellt, da entscheidende Schienen fehlten.

Nach und nach wurde auf Obusse umgestellt und das läutete auch den Niedergang der Straßenbahn in Koblenz ein. Am 19. Juli 1967 fuhr die letzte Straßenbahn in Koblenz.

Bis heute wünschen sich einige Koblenzer und Koblenzerinnen die Straßenbahn zurück. Hier kannst du wunderschöne Fotos sehen aus der Zeit der Straßenbahn.

Das Aus für den Kultkiosk

2011 wurde der bei allen Koblenzern beliebte Kiosk nach fast 60 Jahren geschlossen. 2 Jahre stand das Gebäude leer und verfiel immer mehr. 2012 wurde es eingetragenes Kulturdenkmal „Verkehrspavillon für Tabakwaren mit darunterliegender öffentlicher Toilettenanlage, 1950, Friedrich-Ebert-Ring o. Nr.“, damit es für die Stadt erhalten blieb.

Neustart mit tollem Konzept

2013 wurde das Gebäude von dem Architekturbüro Thillmann (inzwischen von Lindschulte übernommen) kernsaniert. Es wurde die gesamte Bausubstanz wiederhergestellt und in einen neuwertigen Zustand gebracht, ohne den Charakter der 1950´er zu beeinträchtigen.

Es entstand ein Café/Restaurant, dessen Einrichtung ebenfalls die Zeitepoche widerspiegelte. Die Inhaber nannten es „Wartesälchen“, die Anlehnung an den Ursprung des Gebäudes war wieder gegeben. Von der holzvertäfelten Theke, über die Sitze und Tische, bis hin zu den Preistafeln, auf den mit Einzelbuchstaben, angelehnt an die Preistafeln der 50´er, die Leckereien angeboten wurden. Auf dem Dach war eine 50-er-Jahre Leuchtreklame.

Dort gab es ab der Wiedereröffnung 2014 guten Kaffee, regionale Produkte, Salate, Kuchen, Limonaden. Das meiste biozertifiziert und sehr lecker. Ich selbst war einige male dort und es hat immer sehr gut geschmeckt.

Der Nachteil war, wenn man draußen war, saß man inmitten dem inzwischen starken Verkehr und der damit zusammenhängenden Abgase.

Aber auf dem Weg zur Toilette konnte man sich vielen alten Fotos vom Wartesälchen anschauen und wurde in die 1950´er zurückversetzt.

Und wieder ein Aus für das Wartesälchen

Leider wurde dieses schöne Konzept 2016 schon wieder eingestellt. Die Inhaber gaben private und finanzielle Gründe an.

Und wieder stand das geschichtsträchtige Häuschen einige Zeit leer. Aber hier kannst du dir das Wartesälchen nochmal anschauen, wie es im 50´er-Jahre-Look aussah.

Ein weiterer Neustart, der die Bevölkerung spaltet

Ende 2017 wurde ein neuer Pächter für das Wartesälchen gefunden. Eine türkische Döner-Kette. Die Inhaber haben keine Informationen mehr auf ihrer Internetseite bezüglich der Geschichte des Gebäudes.

Die Architektur der 1950´er ist leider nur noch an dem Rundbau und den großen Fenstern zu erkennen, die leider nicht mehr aus Glas, sondern aus Plastik sind. Der Denkmalschutz bezieht sich offensichtlich nur auf die äußere Bauform.

Als ich vor Ort einige Fragen zur Geschichte des Gebäudes stellte, konnte mir niemand Auskunft geben… Die Inneneinrichtung hat nichts mehr mit der Geschichte zu tun, sondern es ist eine klassische Imbiss-Einrichtung.

Leider scheint das Konzept des Döner-Imbiss dort an diesem Standpunkt zu funktionieren. Ich hätte mir 2017 mehr Engagement für die Erhaltung dieses geschichtsträchtigen Gebäudes gewünscht.

Meine Empfehlung

Nach dem Besuch beim Wartesälchen kannst du die Löhrstraße weiter Richtung Norden gehen. Dort gelangst du wieder in der Koblenzer Altstadt. Und hier kannst du traditionelles türkisches Essen in bester Qualität genießen, im Lezizel Manti, auf dem Plan.

Anreise

Mit dem Rad kannst du direkt bis zum Wartesälchen fahren. Es reicht, wenn du es dir von außen anschaust. Denn innen ist nichts mehr von dem 1950´er-Charme zu erkennen.

Mit dem Bus kannst du bis zur Haltestelle Stadtmitte/Löhrcenter fahren. Von dort sind es nur drei Minuten zu Fuß bis zur Ecke Löhrstraße, Friedrich-Ebert-Ring.

Verkaufe an Leute, die Straßenbahn fahren, und du fährst Rolls Royce! Verkaufe an Leute, die Rolls Royce fahren, und du fährst Straßenbahn!

John Davison Rockefeller

Aussicht auf die nächste Woche

Nächste Woche werden wir ein weiteres, sehr viel älteres, aber sehr geschichtsträchtiges Gebäude kennen lernen. Zur Zeit steht es noch leer. Ich selbst habe früher in dem Keller manches mal Karneval mit Koblenzer Urgesteinen gefeiert. Es hat sich seit dem vieles getan.

Show comments

Join the discussion

One reply to “Wartesälchen Koblenz”

  1. […] eine kleine Straßenbahn-Erinnerungs-Tour zu Fuß oder mit dem Rad: Beginnend am Wartesälchen am Friedrich-Ebert-Ring, weiter Richtung Norden an der Herz-Jesu-Kirche vorbei. Am Löhrrondell […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert