
Johannes Müller wurde von mir schon einmal kurz vorgestellt, nämlich im Artikel über einen der schönsten Plätze in Koblenz, dem Jesuitenplatz. Aber, ich finde, es ist an der Zeit, über diesen Zeitgenossen etwas zu berichten. Denn viele Koblenzer Bürger*innen kennen ihn nicht, obwohl sie regelmäßig an ihm vorbei gehen, bzw. an seinem Denkmal.
Johannes Müller und sein Werdegang
Johannes Müller wurde am 14.7.1801 in Koblenz, in der Jesuitengasse geboren. Er wurde in einer Zeit in Koblenz geboren, in der die Franzosen an der Herrschaft waren, die Amtssprache Französisch war, und die Zeiten relativ unsicher. Mehr über diese Zeit kannst du hier nachlesen.
Lange Zeit war unklar, in welchem Haus er denn nun geboren sei. Nummer 3 oder Nummer 6? Heute hängt eine Gedenktafel am Haus Nummer 3. Bis 1937 hing aber ein entsprechender Hinweis an Haus Nummer 6. Was denn nun?
Aber wollen wir erst einmal einen Blick auf das interessante Leben von Johannes Müller lenken. Denn er scheint ein sehr wissbegieriges Kerlchen gewesen zu sein. Er war Schüler des königlich preußischen Gymnasiums, dem heutigen Görres-Gymnasium. Denn Joseph Görres unterrichtete hier.
Mit 18 Jahren verließ Johannes Müller seine Geburtsstadt, um in Bonn an der Uni Medizin zu studieren. Nach nur drei Semestern schrieb er seine Arbeit über die Atmung des Fötus bei Tieren. Diese Arbeit wurde 1823 veröffentlicht und ausgezeichnet. 1822, nach seinem siebten Semester, erhielt Johannes Müller schon einen Doktortitel.

Ebenfalls in Bonn erlangte er während seines Studiums die Lehrberechtigung in der Physiologie und der vergleichenden Anatomie (ein Teilgebiet der Anatomie). Unser Koblenzer Wunderkind verband die Physiologie mit der Philosophie. Denn er war der Meinung, dass man methodisch gewonnene Fakten erst durch philosophisches Denken verarbeiten und begreifen könne.
Nach der Verleihung des Doktortitels in Bonn wechselte Müller nach Berlin, um dort weiter zu studieren. Er schaffte es auf seinem Lebensweg weiter zu einem außerordentlichen Professor. Das ist ein Ehrentitel ohne Lehrstuhl, der auf Antrag von Wissenschaftlern verliehen wird. Später wurde er Ordinarius, das ist ein außerordentlicher Professor mit Lehrstuhl. So berühmte Leute wie Virchow und Henle gehörten zu seinen Schülern. Sein Handbuch der Physiologie ist eines der wichtigsten medizinischen Werke des 19. Jahrhunderts.
1826 veröffentlichte er ein Buch über seine umfangreichen Erkenntnisse über die Augen. Dieses Handbuch entwickelte sich zu einem Welterfolg. Zur gleichen Zeit (er schien sehr fleißig zu sein) wurde eine Schrift von ihm verbreitet „Über die phantastischen Gesichtserscheinungen“. Seine darin beschriebenen Beweise über die inneren Reize des Sinnessystems des Auges gelten bis heute.
1833 wurde Johannes Müller Lehrstuhlnachfolger von Karl Asmund Rudolphi, ein in Schweden geborener deutscher Mediziner, Anatom, Physiologe, Botaniker und Zoologe. Müller hatte zuvor regelmäßig an den Lehrveranstaltungen Rudolphis teilgenommen. Zu späterer Zeit wurde Müller Rektor der Universität in Berlin.
Am 28. April 1858 verstarb Johannes Müller im Alter von nur 57 Jahren an einer bis heute ungeklärten Todesursache.
Die Unklarheit über sein Geburtshaus



80 Jahre wurde in Koblenz darüber diskutiert, ob er nun in der Jesuitengasse Nummer 3 oder 6 geboren wurde. Beide Häuser sind noch original aus der Zeit von Johannes Müller. Es konnten also beide stimmen.
Bis zum Jahr 1937 hing die Gedenktafel an Haus Nummer 6. Das Haus wurde von Johannes Eltern kurz nach seiner Geburt käuflich erworben. Die Familie gab es als Geburtshaus von Johannes an und wurde dann auch als solches ausgewiesen. Diese original Tafel ist aber verschwunden. Nach 1937 hat die Stadt Koblenz dann den „Fehler“ korrigiert. Denn geboren wurde unser berühmter Koblenzer Bürger in Haus Nummer 3. Dort kannst du die Tafel auch bis heute bewundern.
Die Erfolge von Johannes Müller
Im Laufe seines Lebens veröffentlichte Müller unzählige Schriften, machte sich einen Namen und erhielt einige Auszeichnungen. Sein Handbuch der Physiologie ist eines der wichtigsten medizinischen Werke des 19. Jahrhunderts. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren der Medizin- und Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts.
Müller steht für eine neue Auffassung von Biologie und Medizin als Naturwissenschaften, die nicht länger auf Spekulationen, sondern auf Beobachtung und Experimente, sprich wissenschaftlichen Methoden aufbaut.
Das so genannte Anatomische Museum gehörte zu Müllers Institut an der Berliner Universität. Dabei handelte es sich um eine Ansammlung von Präparaten menschlicher und tierischer Körperteile. Diese dienten im weiteren Verlauf für anatomische Studien. Johannes Müller erweiterte die Sammlung erheblich.
Eine Anekdote aus dieser Zeit: Während der revolutionären Unruhen von 1848/49 soll Müller mit einem Degen bewaffnet Tag und Nacht seine „Schätze“ im Anatomischen Museum bewacht haben.
Das Johannes-Müller-Denkmal in Koblenz



Da steht er, mitten auf dem wunderschönen Jesuitenplatz und scheint die Umgebung um sich gar nicht wahrzunehmen, da er in einer Schrift liest (irgendwoher muss sein Wissen ja kommen). Am 7. Oktober 1899 wurde das Denkmal eingeweiht. Müllers ehemaliger Schüler, Rudolf Ludwig Karl Virchow, der an der Charité in Berlin als Arzt tätig war, hielt die Festrede. Das Bronze-Denkmal wurde von Joseph Uphues, einem deutschen Bildhauer, erbaut und wurde aus privaten Mitteln finanziert.
Wenn man genau hinschaut (der Zahn der Zeit hat seine Arbeit getan), kann man auf der Vorderseite des Denkmals den Namen und Müllers Geburts- und Todesjahr erkennen. Auf der Rückseite, nicht besser lesbar, steht: „Dem grossen Anatomen und Physiologen errichtet in seiner Vaterstadt 1899.“
Warum er so grimmig schauend abgebildet wurde, wird uns für immer ein Geheimnis bleiben.
Übrigens: Ein Denkmal ehrte Johannes Müller ebenfalls in Berlin, in den Anlagen der Charité. Da sah er nicht ganz so übel gelaunt aus. 😉 Leider wurde es in den 1980-er wieder entfernt.
Der Umzug des Denkmals
1958 wurde das Denkmal in die Südallee versetzt, da es den Verkehr auf dem Jesuitenplatz störte (ja, damals fuhren dort Autos).
Erst 1986 holte man ihn an seinen Ursprungsort zurück. Man hat damals die Autos aus der Altstadt verbannt.
Anreise
Mit fast allen Bussen kannst du bis zum Koblenzer Zentralplatz/Forum fahren. Von dort sind es nur wenige Meter Richtung Altstadt, vorbei am Schängelbrunnen zum Jesuitenplatz.
Mit dem Rad kannst du direkt auf den Jesuitenplatz fahren. Und wenn du Glück hast, und es ist ein Fahrradständer vor der City-Kirche frei, kannst du von dort Johannes Müller, sein Geburtshaus und die wunderschöne Altstadt besichtigen.
Meine Empfehlung
Versuche deinen Besuch beim Johannes-Müller-Denkmal so zu planen, dass du zur vollen Stunde auf dem Jesuitenplatz bist. Dann erlebst du unser legendäres Glockenspiel, das wir Koblenzer*innen lieben.
Ganz in der Nähe kannst du die beste Schokolade der Welt probieren. Im „Cahua„, in der Görresstraße 2, 56068 Koblenz.
In direkter Nachbarschaft, in der Eltzerhofstraße 6a, findest du versteckt ein wunderschönes Gebäude, in der die Rheinische Philharmonie zu Hause ist: Das Görreshaus. Du musst aber durch die Toreinfahrt in das Innere gehen. Sonst bleibt dir die Schönheit des Hauses verborgen.
Direkt um die Ecke findest du ein Haus mit einem riesigen Kopf oben drauf, der Hygieia. Was es damit auf sich hat, kannst du hier nachlesen.
So hast du einen schönen und interessanten Rundgang durch unsere wunderschöne Altstadt gemacht.
Wenn wir nichts übelnehmen, sind wir nicht bloß unantastbar, sondern auch überlegen.
Johannes Müller
Fragen
Wusstest du, dass das Johannes-Müller-Denkmal eine Kulturdenkmal ist und seit 2002 Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal ist?
Und wusstest du, dass eine Johannes-Müller-Straße in Koblenz gibt? Wo? In der Nähe des Koblenzer Hauptbahnhofes (dort, wo der Eingang zum Krankenhaus Ev. Stift ist).
Des weiteren, wusstest du dass Personen, die sich um das Ansehen der Ärzteschaft und die Gesundheit der Bürger in Koblenz verdient gemacht haben, von der Bezirksärztekammer Koblenz verliehen bekommen?
Aussicht auf einen meiner nächsten Artikel
Ich habe bis letzten Sommer regelmäßig meine Artikel schreiben können. Aufgrund der vielen Stadtführungen komme ich leider nur noch sporadisch dazu. Ich gelobe Besserung!
Der nächste Artikel geht über die Wasserversorgung in unserer Stadt – aber zu einer Zeit, in der es nicht normal war, sauberes Wasser zu trinken. Am aller wenigsten für die „normale“ Bevölkerung. Und es geht um eine wissenschaftliche Schlussfolgerung (ok, ich gestehe, es handelt sich vielmehr um eine persönliche Schlussfolgerung), warum Wein trinken gesund ist. 😀
Wenn ich noch weitere Guides finde, dann habe ich auch wieder mehr Zeit für meine Schreibleidenschaft. Vielleicht bist du daran interessiert, Teil meines Teams zu werden, dann melde dich doch gerne hier bei mir. Oder du kennst jemanden, dann sende den Link zu diesem Artikel gerne weiter. Vielen Dank!
Eure Kristina Venus
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