Südbrücke in Koblenz kostete 19 Menschenleben

Südbrücke in Koblenz forderte 19 Todesopfer

Die Südbrücke in Koblenz ist nicht unbedingt eine Sehenswürdigkeit, aber eine wichtige Verbindung über den Rhein, die täglich von durchschnittlich 40.000 Autofahrern genutzt wird, um über den Rhein Richtung Koblenz und/oder Hunsrück und umgekehrt zu gelangen.

Da der Bau der Südbrücke auch bei uns in der Familie ein Thema war, aufgrund der Unglücke die dort geschehen sind, hat die Brücke in der Retroperspektive nochmal eine ganz andere Bedeutung für uns Koblenzer und Koblenzerinnen.

Die Geschichte der Südbrücke

In den 1960-ern nahm das Verkehrsaufkommen in und um Koblenz drastisch zu, so dass es vermehrt zu Verkehrsproblemen kam.

Zum Überqueren des Rheins von Autofahrern aus dem Hunsrück kommend mussten diese erst einmal über die Karthause, dann durch die gesamte Stadt fahren, um dann den Fluss über die Pfaffendorfer Brücke zu queren.

Aber auch, wer von Lahnstein oder der südlichen rechten Rheinseite kam, hatte es nicht leicht, in die Koblenzer Innenstadt zu kommen.

Die Staus zogen sich damals durch die gesamte Koblenzer Innenstadt. Daher entschied man sich für die „Südtangente Koblenz“, so der Projektname seinerzeit der Straßenverwaltung Rheinland-Pfalz.

Startschuss 1969

Der erste Bauabschnitt dauerte von 1969 bis 1975 und wurde von dem Bauingenieur Gregor Strigl geplant. Die Brücke wurde auf beiden Rheinseiten mit kreuzungsfreien Anschlüssen versehen. Das heißt, das jeweils eine Strecke mit einer Brücke über bzw. unter der anderen hinweggeführt wurde.

Der Hangabschnitt im Koblenzer Laubachtal wurde mit einer entsprechenden Hangbrücke überwunden. Für dieses Projekt mussten die meisten Gebäude der Kaltwasserheilanstalt Bad Laubach abgerissen werden.

Die erste Katastrophe

Am 10. November 1971 wollte man für die linksrheinische Brückenseite den letzten Freivorbau einbauen. Das ist ein Stück Brücke, der quasi über einen Pfeiler hinaus frei ohne Stützen gebaut wird. So wurden einzelne Brückensequenzen gebaut und vorgefertigte Brückensegmente konnten so nach und nach angekoppelt werden.

Auf der Oberwerther Seite knickte eine freiragendes Brückensegment mit einer Länge von etwa 54 Meter durch eine Materialüberlastung ab und stürzte mit allem, was sich darauf befand aus der Höhe von 30 Metern in den Rhein. Es befanden sich zu dem Zeitpunkt 26 Menschen darauf. 13 Menschen kamen bei dem Unglück um und weitere 13 Menschen wurden schwer verletzt. Die Toten konnten größtenteils erst einige Tage später aus dem Rhein geborgen werden.

Natürlich kam nach dem Unglück erstmal kein Schiff mehr durch die Unfallstelle und es müssen sich weit über 100 Schiffe dort bis zum nächsten Tag gestaut haben. Die Bergung des herabgestürzten Brückenstücks, an der alle verfügbaren Hilfsorganisationen beteiligt waren, stellte sich als schwierig dar und zog sich einige Zeit hin.

Die Verantwortlichen schlossen damals einen Materialfehler aus, da man Erfahrung mit dieser Art des Brückenbaus hatte. Und bis zu dem Zeitpunkt war auch noch nie etwas passiert. Die Untersuchung des Unfalls dauerte ein Jahr. Als Ursache der Katastrophe wurde ein Konstruktionsdetail der Verschweißung von der Bodenplatte und Längsaussteifung im Hohlkasten festgestellt.

Aufgrund dieses Unglücks und weiter ähnlicher Unfälle Anfang der 1970-er wurden die technischen Regeln verändert.

Meine Tante wohnte damals in Koblenz-Horchheim, direkt am anderen Ende der neuen Südbrücke. Sie konnte jahrelang das Geräusch des Einsturzes nicht vergessen und das Unglück wurde bei jeder Familienzusammenkunft thematisiert.

Im April 1973 konnte nach Klärung der Katastrophe an dieser Stelle weitergebaut werden. Die Brücke wurde verstärkt und die Längen der freistehenden Brückenteile wurden reduziert.

Die zweite Katastrophe

Diese ereignete sich am 21. September 1972 an der Hangbrücke über das Laubachtal. Eine Hilfskontstruktion zur Formgebung und Befestigung der Betonschalung stürzte ein. Dabei wurden sechs Arbeiter mit in den Tod gerissen.

Auch hier dauerten die Untersuchungen an, so dass hier die Arbeiten erst im November 1973 aufgenommen werden konnten. Als Ursache des Unglücks wurden auch hier „Materialmängel als auch ein schwerwiegendes Versäumnis“ angegeben. Es wurde beim Aufstellen der Hilfskonstruktion die sogenannte Beulsteife vergessen. Diese dient bei Baugerüsten dazu, die Standsicherheit zu garantieren.

Die zwei Katastrophen führten dazu, dass die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit beim Brückenbau verbessert wurden.

Die Südbrücke heute

Am 20. Juni 1975 wurde die Brücke für den Verkehr freigegeben. Am gleichen Tag wurde am Stützpfeiler am Oberwerth eine Gedenktafel für die 19 Techniker und Arbeiter enthüllt, die beim Bau umgekommen sind.

Täglich überqueren rund 40.000 Autofahrer die Brücke, größtenteils, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen. Denkt heute noch jemand an diese zwei Unglücke?

Anreise

Die Südbrücke ist direkt neben der Horchheimer Eisenbahnbrücke, über die du auch mit dem Rad fahren kannst. Auf der Oberwerther Seite kannst du auch mit dem Rad an die Gedenktafel fahren.

Mit dem Bus kannst du entweder bis nach Oberwerth mit der Linie 3/13 bis zur Endstation „CGM Arena/Stadion“ fahren. Von dort gelangst du in wenigen Minuten zur Gedenktafel und/oder auf die Eisenbahnbrücke, von der du dir die Südbrücke anschauen kannst.

Oder du fährst mit der Linie 6 oder 1/11 bis zur Haltestelle „Mendelssohn“. Von dort kannst du zu Fuß Richtung Eisenbahnbrücke gehen und den Rhein queren.

Meine Empfehlung

Ein wunderbarer Spaziergang vom Koblenzer Schloss aus, am Rhein entlang durch die Rheinanlagen/Kaiserin-Augusta-Anlagen bis zum Oberwerth. Von dort kommst du zu Fuß zur Gedenktafel, die auf dem Brückenpfeiler am Oberwerth angebracht ist.

Von dort gehst du über die Eisenbahnbrücke. Auf der rechten Rheinseite spazierst du dann Richtung Koblenz Pfaffendorf. Weitestgehend am Rhein entlang, vorbei an der Wahrschaustation, bis zur Pfaffendorfer Brücke. Dort kommst du dann wieder am Koblenzer Schloss an und kannst dich noch etwas im Schlossgarten ausruhen.

„Unglück hat mich gelehrt, Unglücklichen Hilfe zu leisten.“ 

Vergil, römischer Dichter

Mein Dank

Die Bildquellen der Schwarz-Weiß-Bilder sind alle folgende: Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). Infozentrum Wasserbau


Aussicht auf nächste Woche

Meine Stadtführungen werden immer beliebter. Da ich häufig gefragt werde, wann ich welche Stadtführungen in Koblenz anbiete, wird es ab nächster Woche eine neue Rubrik geben. Und es wird eine Neuigkeit angekündigt, die schon jetzt für großes Interesse sorgt. Nächsten Montag ab 7:00 Uhr erfährst du alles hier auf koblenz-tipps.de.

Ich freue mich auf dich!

Deine Kristina Venus

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